Pflegende Eltern und Einsamkeit: Ein oft unterschätztes Thema
Im Mai 2024 stellte Bundesfamilienministerin Lisa Paus das Einsamkeitsbarometer vor: die erste umfasende Analyse der Einsamkeitserfahrungen in Deutschland über einen Zeitraum von 30 Jahren. Diese Langzeitanalyse, ein Teil der „Strategie gegen Einsamkeit“, basiert auf Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) von 1992 bis 2021.
Das Einsamkeitsbarometer und die Aktionswoche vom 17. bis 23. Juni 2024 unter dem Motto „Gemeinsam aus der Einsamkeit“ der Bundesregierung sind ein Anlass, den Fokus auf pflegende Eltern zu legen.
Warum? Pflegende Angehörige haben neben Alleinlebenden, Alleinerziehenden, Singles, Menschen mit Migrationshintergrund, eingeschränkter Mobilität, gesundheitlichen Problemen, niedriger Bildung oder geringen finanziellen Möglichkeiten ein erhöhtes Risiko, von Einsamkeit betroffen zu sein.
Doch bevor wir tiefer in das Thema eintauchen, fragen Sie sich sicherlich: Wie definiert man Einsamkeit überhaupt?
„Einsamkeit entsteht, wenn eine Diskrepanz zwischen den gewünschten und den tatsächlichen sozialen Beziehungen besteht. Das bedeutet, dass sich jemand mehr oder bessere soziale Kontakte wünscht, als er oder sie hat. Einsamkeit ist ein subjektives Gefühl, das als schmerzhaft und negativ empfunden wird.“ Diese Definition und weitere Informationen finden Sie in der neuen Broschüre „Einsamkeit begegnen – Zugehörigkeit stärken“ der Regionalbüros Alter, Pflege, Demenz.
Pflegende Eltern: Eine besondere Gruppe
Ende 2021 lebten in Deutschland etwa 272.000 pflegebedürftige Kinder und Jugendliche bis 19 Jahre.* Ihre pflegenden Eltern sind oft mit einer Vielzahl an Herausforderungen konfrontiert, die das Gefühl der Einsamkeit verstärken können.
Die Herausforderungen pflegender Eltern
- Fehlende Unterstützungsangebote: In vielen Regionen gibt es zu wenig verbindliche Unterstützungsangebote in Wohnortnähe.
- Mehrfachbelastung: Die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Pflege stellt eine enorme Herausforderung dar.
- Bürokratie: Der bürokratische Aufwand im Pflegealltag ist für Eltern sehr belastend.
- Arbeitsplatzverständnis: Pflegende Eltern sind auf das Verständnis von Arbeitgebern und Kolleg*innen angewiesen.
- Freizeitmangel: Sie haben wenig freie Zeit für Hobbies, Unternehmungen und Treffen mit Freund*innen.
- Spontane Planänderungen: Oft müssen sie ihre Pläne spontan ändern.
- Geschwisterkinder: Sie müssen auch den Bedürfnissen der Geschwisterkinder gerecht werden.
- Fehlende Anlaufstellen: Es gibt keine zentrale Anlaufstelle für die verschiedenen Unterstützungsansprüche.
- Barrierefreiheit: Sport- und Freizeitangebote für pflegebedürftige Kinder sind nicht immer barrierefrei.
Unterstützungsmöglichkeiten für pflegende Eltern
Wo können sich pflegende Eltern Hilfe holen, wenn sie das subjektive Gefühl der Einsamkeit verspüren? Wie können Arbeitgeber pflegende Eltern unterstützen?
Tipps und Unterstützungsmöglichkeiten
- Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit anderen betroffenen Eltern kann das Gefühl der Isolation verringern.
- Beratungsstellen: Professionelle Beratungsstellen bieten Unterstützung bei bürokratischen Hürden und psychischer Belastung.
- Flexible Arbeitszeiten: Arbeitgeber können durch flexible Arbeitszeitmodelle und Homeoffice-Möglichkeiten Entlastung schaffen.
- Freizeitangebote: Barrierefreie Freizeit- und Sportangebote fördern die soziale Teilhabe.
- Entlastungsdienste: Kurzzeitpflege und Entlastungsdienste bieten pflegenden Eltern wertvolle Pausen.
Pflegende Eltern leisten einen unschätzbaren Beitrag, der oft im Verborgenen bleibt. Ihre Bedürfnisse und Herausforderungen zu erkennen und gezielt Unterstützung anzubieten, ist ein wichtiger Schritt im Umgang mit Einsamkeit.