Rund 50 Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sowie Personalverantwortliche aus verschiedenen Unternehmen des Ruhrgebiets trafen sich am 19. Oktober an der Hochschule für Gesundheit in Bochum zu der Veranstaltung „Vereinbarkeit von Beruf und Pflege – Ein Beitrag zur Fachkräftesicherung“. An der HS Gesundheit Bochum wird im Rahmen des „Landesprogramms Vereinbarkeit von Beruf und Pflege NRW“ zum Thema der Vereinbarkeit von Job und privater Pflegeverantwortung geforscht.
Zum Auftakt gab Georg Oberkötter aus dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW eine Einführung zur Situation von erwerbstätigen, pflegenden Angehörigen und dem Engagement des Landes in NRW. Greta Ollertz, Projektleiterin des Landesprogramms zeigte dann konkrete Möglichkeiten zur Umsetzung von Vereinbarkeitsschritten für Unternehmen, Behörden und Organisationen auf – auch gezielt für mittlere und kleinere Unternehmen.
Was ein Pflege-Guide macht
Moderatorin Jeanette Kuhn führte im Anschluss durch eine Gesprächsrunde mit Roland Weigel, Ruhrgebietskonferenz Pflege, Jenny Schönfeld, Thielkasse, und Erika Meier, JoDo Familienservice. Erika Meier hat sich zum sogenannten „Pflege Guide“ qualifizieren lassen und ist nun erste Ansprechpartnerin für Kolleginnen und Kollegen im SJG St. Paulus, wenn es um die Vereinbarkeit ihrer Berufstätigkeit mit der privaten Pflegeverantwortung geht. Die SJG St. Paulus ist die ehemalige St. Johannes Gesellschaft zu der 3 Dortmunder Krankenhäuser, 3 Altenpflegeeinrichtungen und eine Jugendhilfeeinrichtung gehören. Sie stellte heraus, wie wichtig es ist, dass im Unternehmen konkrete Ansprechpersonen benannt sind, die zuhören und an die richtigen Anlaufstellen weitervermitteln können. Dies bestätigte auch Jenny Schönfeld, die als Beraterin die Umsetzung von Vereinbarkeitsstrategien in Unternehmen begleitet. Große Arbeitgeber seien hier oft schon etwas besser aufgestellt, der Mittelstand habe noch Nachbesserungsbedarf.
Lösungen speziell auch für kleine und mittlere Unternehmen
Das Landesprogramm soll genau hier ansetzen, diese Arbeitgeber zu unterstützen. Roland Weigel konnte in dem Gespräch die Perspektive der professionellen Pflege darlegen. Im Bereich der Pflege spitzt sich der Fachkräftemangel enorm zu – auch hier seien Arbeitgeber gut beraten, die privaten Herausforderungen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Blick zu haben. Denn inzwischen gehe es nicht mehr darum, Aufträge oder neue Patienten zu finden, so Weigel, sondern inzwischen führe der Fachkräftemangel dazu, dass eher abgewiesen werden müsse. Dies sei sehr belastend für viele Unternehmen. Schon heute mache die Fürsorge der Angehörigen einen wichtigen Teil der Betreuungsleistung aus. Tatsächlich könne das System nur durch die Pflege von Angehörigen aufrechterhalten werden und Bestand haben. Roland Weigels Forderung: Diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe müssten Arbeitgeber aller Branchen auf ihre Agenda setzen und ihren Beschäftigten in einer privaten Pflegesituation den Rücken freihalten. Er plädierte dafür, die professionelle Pflege stärker in das Landesprogramm einzubinden.
Diskriminierungs-Erfahrungen im Betrieb
Zum Abschluss der Veranstaltung setzte Sören Mohr von Prognos einen Impuls mit der Vorstellung der Studie „Diskriminierung von fürsorgenden Arbeitnehmern“. Die Studie macht deutlich, dass die Hälfte aller pflegenden Erwerbstätigen bereits diskriminierende Erfahrungen am Arbeitsplatz gemacht haben. Das können ausstehende Termineinladungen sein oder das nicht berücksichtigt werden bei einer Beförderung sein. Arbeitgeber sollten hier aufhorchen und die Situation im eigenen Unternehmen überprüfen. Der Impuls am Ende der Veranstaltung regte eine Diskussion an, die dann anschließend noch bei vielen Gesprächen vertieft wurde.
In einer Pause gab es die Gelegenheit, sich zu vernetzen, sich über Möglichkeiten der Vereinbarkeit auszutauschen. Mehrere Vertreter von Unternehmen, die Interesse an der Qualifizierung von Pflege-Guides haben, informierten sich und wurden beraten.
Das Landesprogramm soll Fachkräfte sichern
Das Landesprogramm „Vereinbarkeit von Beruf und Pflege NRW“ verfolgt vor allem zwei Ziele: Zum einen werden Unternehmen begleitet, die es ihren Mitarbeitern ermöglichen wollen, Beruf und private Pflegeaufgaben unter einen Hut zu bekommen. Schließlich werden 80 Prozent der Pflegebedürftigen in NRW zuhause betreut. Und es werden in Folge des demografischen Wandels immer mehr Berufstätige sein, die parallel zum Job zuhause Angehörige pflegen. Zum anderen soll über das Vereinbarkeitsprogramm, das u. a. Mitarbeitende zu sogenannten „Pflege-Guides“ für die Betriebe qualifiziert und teilnehmende Unternehmen mit einer Charta für Vereinbarkeit auszeichnet, verhindert werden, dass Fachkräfte kündigen oder die Arbeitszeit stark reduzieren. Zudem können die mit der Charta ausgezeichneten Unternehmen leichter neue Fachkräfte gewinnen.
Informationen zur Teilnahme am Landesprogramm „Vereinbarkeit von Beruf und Pflege NRW“:
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