770.000 Erwerbstätige mit Pflegeaufgaben in NRW

12.06.2025|Aktuelles

Beruf und Pflege in NRW:

770.000 Erwerbstätige mit Pflegeaufgaben – eine bislang wenig sichtbare Realität

In Nordrhein-Westfalen sind derzeit rund 770.000 Menschen erwerbstätig und tragen zusätzlich private Pflegeverantwortung. Diese Zahl zeigt eindrücklich, wie viele Menschen täglich berufliche Anforderungen mit familiärer Unterstützung vereinbaren müssen – sei es durch Hilfe im Alltag, Betreuung oder Pflege von Angehörigen. Für die Vereinbarenden bedeutet das, Verantwortung in zwei zentralen Lebensbereichen gleichzeitig zu übernehmen – oft über lange Zeiträume hinweg und mit erheblichen persönlichen Auswirkungen.

Datengrundlage

Ermittelt wurde die Zahl für NRW auf Basis der Anzahl der Erwerbstätigen, die Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW) bereitstellt, und Ergebnissen einer Auswertung der Erwerbstätigenbefragung. Hier gaben 7,82 % der Befragten an, eine Person im privaten Umfeld zu pflegen oder regelmäßig zu unterstützen (Elling & Hetzel 2024). Dabei wurde der zugrunde liegende Pflegebegriff nicht an das Vorliegen eines Pflegegrades im Sinne der Pflegeversicherung geknüpft und somit bewusst weit gefasst. So spiegelt er die Realität vieler Pflegearrangements wider.

Doppelbelastung sichtbar machen

Das bedeutet: Hinter der Zahl stehen nicht nur Hauptpflegepersonen, sondern viele Menschen, die regelmäßig mithelfen – sei es durch Alltags-Unterstützung, organisatorische Koordination oder emotionale Begleitung. Viele von ihnen erleben dabei einen Spagat zwischen beruflichen und privaten Verpflichtungen. Diese Doppelbelastung bleibt in der öffentlichen Wahrnehmung oft unsichtbar, obwohl sie das Leben und die Gesundheit der Betroffenen maßgeblich prägt. Sie sichtbar zu machen, ist deshalb ein wichtiger Schritt hin zu besseren gesellschaftlichen und betrieblichen Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege. Nur so lassen sich Unterstützungsangebote entwickeln, die der Vielfalt und Realität familiärer Pflegearrangements gerecht werden.

Implikationen für Politik und Praxis

Für Fachakteur:innen ergeben sich aus dieser Zahl wichtige Implikationen: Die Gruppe der Vereinbarenden ist groß, heterogen und bislang in vielen Analysen untererfasst. Deren Unterstützungsaufgaben finden oft im Verborgenen statt. Es lohnt sich, genauer hinzuschauen, wer welche Aufgaben übernimmt, um Menschen gezielt zu unterstützen.

Die Zahl macht deutlich, dass Strategien zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege integraler Bestandteil einer zukunftsfähigen Arbeits-, Sozial- und Pflegepolitik sein müssen – sowohl auf betrieblicher als auch auf politischer Ebene. Es bedarf gezielter Maßnahmen, um Belastungen zu reduzieren, Ressourcen zugänglich zu machen und die Vereinbarenden frühzeitig zu erreichen.

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